Erinnerungen der Enkelin Mizzi Costa
Als ich hörte, dass zum 20. Todesjahr von Hans Graf eine Gedenkfeier veranstaltet wird, bekam ich sofort das dringende Bedürfnis, einen persönlichen Teil dazu beizutragen.
Hans Graf war mein Großvater und ich teile mit meinen Geschwistern, Cousinen und Cousins eine Menge wunderschöner Erinnerungen an ihn aus unserer Kindheit. Etwa die Vorfreude auf einen Tag bei den Großeltern, weil man da alles durfte, die Hoffnung, dass er seine Modell-Eisenbahn aufgebaut hatte, im bequemen Liegesessel vom Opi sitzen, mit ihm Skirennen anschauen oder Tom und Jerry, Kanons singen, seine Patschen anziehen, das Kaffee-und-Toast-Frühstück und vieles mehr…
Ich hatte aber auch meinen ganz eigenen Bezug zu meinem Großvater. In vieler Hinsicht habe ich das Gefühl, ihm sehr ähnlich gewesen zu sein. Das ruhige, viel nachdenkende und sehr emotionale Wesen, das auch dem Fische Sternzeichen zugeordnet wird, könnte der Grund für unsere gegenseitige Vertrautheit gewesen sein.
Damals war er für mich einfach „nur“ der Opi. Als er starb war ich 12 und hatte so gesehen keine Ahnung, wer eigentlich Hans Graf war. Hans Graf, der „echte“ Wiener, Hans Graf, der den Krieg miterlebte, der sich in meine Großmutter Carmen Adnet verliebte, und der 2 Töchter großzog. Und nicht zuletzt, Hans Graf, der großartige Pianist.
Was das Besondere daran war, in die Musikwelt hineingeboren zu sein, hatte ich nie richtig verstanden. Zwar konnte ich schon immer singen und lernte auch ein Musikinstrument, doch „musikalisch vorbelastet“ fühlte ich mich eigentlich nie.
Aber zum Glück merke ich mit der Zeit immer mehr, dass dieser Ausdruck für mich eine ganze neue Bedeutung kriegt. Seit ich Geigenbauerin bin, erlebe ich immer wieder, wie Instrumente zum Klang erweckt werden und wie dann schon eine einzige musikalische Phrase in mir Emotionen wecken kann. Und genau darum geht es letztlich.
Jedes Mal, wenn ich von Musik gerührt werde, denke ich an meinen Opi und an seine bescheidene, empfindsame Art, uns die Musik zu vermitteln. Ich bin so unendlich stolz, die Enkelin eines so meisterhaften Künstlers und wunderbaren Menschen zu sein!
Und jedes Mal, wenn ich höre, wie ein Cello von mir gespielt wird, freue ich mich, wenigstens so einen Teil seiner Welt der Musik beizutragen. Oft frage ich mich, was er wohl dazu sagen würde. Was gäbe ich darum, nur einmal als Erwachsene mit ihm bei einem Kaffee plaudern zu können!